
26.11.2025
Zusammen mit unserer Fähigkeit, uns eine bessere Zukunft vorzustellen, ist auch unser öffentlicher Raum unter Druck. Vermüllung, Vereinsamung und Verwahrlosung zum einen, Verödung der Grünflächen und Überwucherung durch Götterbäume zum anderen. „Warum“, dachte ich mir deswegen im Frühjahr 2024, „warum nicht zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Als Anwohner unseren Raum zurück fordern und etwas ,Wir-Gefühl‘ schaffen? Etwas verbessern durch eigenen Einsatz, ganz direkt!“
Warum nicht gemeinsam den großzügigen Flächen um uns herum im Sinne ihrer Erschaffer neues Leben einhauchen? Gemeinsam die Gärten pflegen? Gemeinsam etwas gestalten, das allen Menschen im Viertel etwas bringt? Etwas von uns – für uns?
Hört sich nett und ganz einfach an, oder? Ein „no brainer“, eigentlich. Spaten und Harke in die Hand, ab zum Gartencenter und los geht’s…
Ja, wenn es da nicht etwas gäbe, das man als Institutionalisierung von Stillstand und Verfall bezeichnen muss: Verwaltungen, die zu wenig Geld oder Interesse haben, um Dinge zu erhalten und gleichzeitig ohne jede Vision darauf beharren, alles genau so zu lassen, wie es gerade ist.
Damit meine ich hier vor allem den Denkmalschutz, der in einer unfreiwilligen Allianz mit der Grundstücksverwaltung eines Immobilienkonzerns dafür sorgt, dass sich nichts bewegt. Grundsätzlich freue ich mich zwar darüber, dass es den Denkmalschutz gibt – ohne ihn gäbe es die offenen Flächen um uns herum mit Sicherheit nicht mehr. Es folgt ein großes ABER: Seit Jahrzehnten ist keine sachgemäße Erhaltung des Gartendenkmals gewährleistet, während privates Engagement mit Verweis auf den Denkmalschutz untersagt wird – es könnte ja das Denkmal verfälschen! Weil aber das „Denkmal“ nun einmal so ist, wie es ist und es (noch) keine Idee gibt, wie eine denkmalpflegerisch „richtige“ Gestaltung aussähe*, findet stattdessen eine „Pflege“ statt, die zu einer weiteren Verödung der Grünflächen führt. Verantwortung wird abgeschoben, mit dem Ergebnis, dass damit ein unsinniger und inhaltlich unbegründeter Status Quo erhalten wird. Statt bürgerliches Engagement zu begrüßen und zu unterstützen, wird vor allem verhindert.
Jammer, jammer, jammer… Vorhang auf für Landschaftsarchitektin Dr. Gabriele Holst! Mit ihrer Leidenschaft, ihrem Vermittlungsgeschick und ihrer Sachkunde hat sie mir geholfen, den Weg dafür zu ebnen, dass es nun doch bunt werden könnte rund um das Eiermann-Haus Bartningallee Nr. 2 & 4.
Seit März diesen Jahres habe ich mit ihrer Unterstützung drauflosgepflanzt, geräumt und gejätet, entmüllt. Auf das Ergebnis bin ich jetzt schon stolz. Der Raum um das Haus wurde über den Sommer schon sichtbar schöner und gepflegter. Noch stolzer bin ich allerdings auf die Wirkung, die das auf die Gemeinschaft hat. Etwa 10% der Menschen im Haus haben sich bereits direkt oder indirekt beteiligt! Es gab Sach- und Geldspenden, Gießhilfe und Arbeitseinsatz – und das, obwohl ich (ob der immer noch etwas ungewissen Umstände) nicht offensiv darum geworben habe.
Der Moment, in dem sich eines sonnigen Nachmittags spontan ein paar Nachbarn an der Arkade zu einem Plausch versammelten, weil es dort schön war, ist einer meiner Lieblingsmomente.
Vielleicht schaut Ihr oder schauen Sie ja in der nächsten Gartensaison auch mal vorbei – denn der öffentliche Raum gehört uns allen.
* Frau Dr. Holst führt im Auftrag des Landesdenkmalamts derzeit eine Bestandsaufnahme der Gärten und Freiflächen im Hansaviertel mit dem Ziel durch, auf der Basis Leitlinien für den denkmalpflegerischen und zugleich klimaresilienten Erhalt der Flächen in der Zukunft zu erhalten. (Anm. d. Red.)
Carl von Karstedt (Text und Fotos)










