
gärten damals, heute und morgen
Hansaviertel: Berühmte Architektur
Das Berliner Hansaviertel ist ein einzigartiges Wohnviertel der Nachkriegsmoderne – und vor allem mit den Namen weltweit bekannter Architekten wie Alvar Aalto, Walter Gropius oder Egon Eiermann verknüpft. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung „interbau“ wurden sie 1957 beauftragt, auf dem Areal des vormaligen, im Krieg zerstörten Hansaviertels ein neues Quartier zu entwerfen. Jedes Haus wurde jeweils von einem dieser Architekten entworfen. Das Ergebnis: Ein Ensemble von 47 Gebäuden mit 1.300 Wohnungen, das die Vision einer „Stadt von morgen“ zeigen sollte – transparent, modern und weltoffen.
Die Freiräume des Hansaviertels
Weniger bekannt, aber ebenso prägend, sind die Landschaftsarchitekt:innen, die das grüne Rückgrat des Viertels gestalteten. Unter ihnen waren Herta Hammerbacher, Ernst Cramer, René Pechère, Hermann Mattern oder Pietro Porcinai – Persönlichkeiten, die internationale Gartenkunst ins Berliner Hansaviertel brachten. Ihre Arbeit war gleichwertig zur Architektur: Denn die neue Stadt sollte nicht aus Steinen allein bestehen, sondern aus dem Zusammenspiel von Bauten und großzügigen Grünräumen.
„Der Mensch in der grünen Großstadt der Zukunft“
Schon in den frühen Planungen wurde das Grün als entscheidender Bestandteil des Hansaviertels verstanden. Leitbilder wie das von Erich Kühn formulierte Motto „Der Mensch in der grünen Großstadt der Zukunft“ spiegelten die Hoffnungen der Nachkriegszeit wider: Leichtigkeit, Heiterkeit, Geborgenheit sollten das neue Lebensgefühl bestimmen. An die Stelle enger Straßenschluchten und dunkler Hinterhöfe sollte Weite treten – eine Stadtlandschaft, die Raum für Nachbarschaft, Erholung und Mitgestaltung bietet.
Ein Quartier im Park
Besonders gelobt wurde die parzellenübergreifende Planung: Durch die Auflösung traditioneller Grundstücksgrenzen mit Zäunen entstanden großzügige Freiflächen für alle. Das Verhältnis von bebauter zu unbebauter Fläche wurde radikal verändert – von 1:1,5 im alten Hansaviertel auf 1:5,5 im neuen. Häuser und Natur sollten ineinanderfließen, der nahegelegene Tiergarten wurde bewusst in die Siedlung „hineingezogen“. So entstand eine offene, lichtdurchflutete Wohnlandschaft, die den Stadtbewohner:innen den Park buchstäblich vor die Haustür brachte.
Grün als Lebensraum
Die Gärten und Freiflächen waren dabei nicht bloß Dekoration. Sie sollten die neue Balance zwischen Arbeit, Freizeit und Erholung sichtbar machen. Die „Automation“, wie man damals die beginnende Technisierung nannte, versprach mehr Freizeit – wie konnte sie sinnvoll genutzt werden? Walter Rossow warnte schon 1955 davor, dass Menschen ohne aktive Betätigung im Grünen zu passiven „Konsumenten“ werden könnten. Die Freiräume des Hansaviertels sollten dem etwas entgegensetzen: Orte für Spiel, Begegnung, Bewegung und gemeinschaftliche Aktivität. In Zeichnungen wurde das neue Leben in der „stadt von morgen“ skizziert.
Garten der Häuser Luckhart und Schneider-Esleben in der Klopstockstraße,
© Landesarchiv Berlin; Foto: Horst Siegmann
Erbe und Auftrag
Heute gehören die Grünflächen des Hansaviertels zum gartenkulturellen Erbe Berlins. Zugleich sind sie ein lebendiger Raum, der Pflege, Weiterentwicklung und gemeinschaftliches Engagement braucht. Die „stadt von morgen“ ist ein Auftrag an unsere Gegenwart: Wie wollen wir im 21. Jahrhundert inmitten der Stadt leben – klimaangepasst, nachhaltig, gemeinschaftlich? Diese Frage steht im Zentrum unseres Projekts „die gärten von morgen – entwickeln, pflegen, weiterdenken“ – und dafür brauchen wir Sie!
Die „ideale Nachbarschaft“ – damals …
Als die Interbau 1957 das Hansaviertel neu entstehen ließ, ging es nicht nur um Häuser, sondern um eine Idee: die „ideale Nachbarschaft“. Hubert Hoffmann beschrieb sie als Herzstück der „stadt von morgen“ – ein Ort, an dem Menschen nicht nebeneinander, sondern miteinander leben. Die großzügigen Grünflächen, die offenen Räume und die neuen Formen des Zusammenlebens sollten genau das ermöglichen – und die Menschen vom „stumpfsinnigen Verbraucher von Kino, Radio, Spielautomaten u.ä.“ (Walter Rossow, 1955) zu aktiven Gestalter:innen von Umwelt und Gesellschaft machen.
… und heute
Diesen Gedanken greifen wir heute auf: Mit dem Projekt „die gärten von morgen – erinnern, pflegen, weiterdenken“ starten wir im Herbst 2025 mit dem Aufbau einer Community, die Lust hat, die Gärten und Nachbarschaften in der Stadt von morgen mitzugestalten. Wir laden Sie ein, Teil dieser Bewegung zu werden – im Austausch bei unseren Veranstaltungen, bei den Community-Treffs auf dem „park.platz“ oder durch eine Spende. Gemeinsam können wir im Hansaviertel erproben, was schon 1957 Vision war: eine lebendige Nachbarschaft, die Architektur, Grün und Gemeinschaft verbindet – und so das Aufbruchsgefühl von damals gemeinsam in die Zukunft tragen.